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04. August 2023
Dr. Eva Sodeik-Zecha

Im Austausch auf neue Wege stoßen

UCI Korhogo CJK Centre Jubile Korhogo Coul mit Patientin 001nser Koordinator in der Côte d’Ivoire, Adama Coulibaly, war im Juli 2023 wieder auf Arbeits-Besuch in Reutlingen. Er nutzte die Zeit für den Austausch mit dem Vereinsvorstand und der Geschäftsführung, aber auch für mehrere Treffen mit Mitgliedern. So auch ein Gespräch mit unserem Mitglied Renate Of, die mehr über die Ursprünge und seine Motivation zur Zusammenarbeit mit Menschen ohne Ketten erfahren wollte.

Hier ihr Bericht:

Voneinander lernen und Freundschaften knüpfen 


Wie gegenseitiger Austausch in Reutlingen und Bouaké zu neuen Ideen in der Integration psychisch kranker Menschen beiträgt2022 06 15 Korhogo ML 00168
„Ein Verrückter ist gefährlich, wird nie gesund. Deshalb heißt es, Abstand halten“, so beschreibt Adama Coulibaly, genannt Coul, die weitläufige Meinung in seinem Heimatland, der Elfenbeinküste. Eine zusätzliche Belastung für psychisch kranke Menschen. Und dann macht der Deutschlehrer Adama Coulibaly eine ganz andere Erfahrung:
2008 stand Besuch aus Reutlingen an, der sich aus der bereits langjährigen Städtepartnerschaft mit Bouaké, der zweitgrößten Stadt im Land, ergeben hatte. Als Dolmetscher war er für diesen Besuch im Zentrum der Association St. Camille in Bouaké angefragt worden. Zuvor kannte der heute 48-Jährige die Einrichtung, die sich um psychisch Kranke kümmert, nur vom Hören-Sagen.
„Ich ließ mich emotional berühren und entschied, mich aktiv einzusetzen“, resümiert Coul beim Mitgliedertreffen des Vereins „Menschen ohne Ketten e.V.“ in Reutlingen. Wichtig ist ihm auch, dass er inzwischen Freundschaften geschlossen hat: Vor allem mit Eric, der ehemals selbst im Zentrum behandelt und später als Leiter der Männerabteilung in Nimbo ernannt wurde und anderen helfen konnte.
Seit 2003 unterstützt der Verein das Zentrum in Bouaké finanziell durch Spenden, aber vor allem durch regen fachlichen Austausch.  

ERICVoneinander lernen steht ganz oben auf der Agenda des Vereins „Menschen ohne Ketten
e.V.“. Daher wurde Coul von fachkundigen Vereinsmitgliedern wie Marion Krieg bei den
vorangegangenen Besuchen in Deutschland mit verschiedenen Ansätzen der
Sozialpsychiatrie in Kontakt gebracht. So war er sehr angetan von der Arbeit im Hofgut Gaisbühl oder im ‚Kaffee-Häusle‘ in Reutlingen, in denen Menschen mit psychischen und physischen Handicaps arbeiten und betreut werden. Gerne würde er diese Erfahrungen nach Bouaké übertragen, aber die Zeit sei dafür noch nicht reif. Er behalte es jedoch im Auge.
Auch ein weiteres spannendes Vorhaben hat er in Reutlingen kennengelernt: Die Initiative „Verrückt Na und?“. Stabilisierte psychisch kranke Menschen Begleiten in der sozialpsychiatrischen Beratung Tätige in Schulklassen und lassen SchülerInnen an ihrem Leben teilhaben. Sehr emotional seien solche Begegnungen, verlangten sie doch eine enorme Bereitschaft von Betroffenen, offen intimste Empfindungen preiszugeben. Doch gleichzeitig sei es eine Befreiung, könne Ängste abbauen, zurück in den Alltag finden. Diese Idee lässt Coul nicht mehr los: „Das wäre etwas für unsere Oberstufenklassen, am besten für die Abschlussklasse. Ich arbeite an einem Konzept, zusammen mit einem erfahrenen Arzt“.

Der Deutschlehrer kommt ins Schwärmen, obwohl er weiß, dass es noch ein weiter Weg sein wird, da die Re-Integration psychisch kranker Menschen in seiner Heimat „noch nicht angekommen ist“.

Renate Of, Juli 2023